Hey Suede,

danke für deinen Beitrag. :) Ich hab die ersten zwei Diskussionen noch relativ zeitnah verfolgt und die Reaktionen auf deine Kommentare waren für mich der ausschlaggebende Grund, mich nicht zu beteiligen, sondern gleich das Weite zu suchen.

Ich verstehe auch ganz gut aus welcher Position du argumentierst bzw. argumentiert hast, und ich fand das schon, no offence, ziemlich unfeminstisch, und trotzdem hast du verrückterweise die volle Breitseite abbekommen. Ich glaube auch, dass es für die Diskussionsteilnehmer reicht, dass sie es mit einer Frau zu tun zu haben, um keinerlei Einwand gelten zu lassen.

Im Grunde ist die Validität eines Arguments für alle diese Leute (Helge inklusive) völlig gleichgültig, sie können die Welt leider nur durch ihr Vorurteil wahrnehmen. Oder sagen wir besser: "als ihr eigenes Vorurteil", alles andere würde ja noch eine Perspektive auf das zugestehen, was eigentlich passiert. Für sich genommen ist das vielleicht skurril, aber naja, Spinner gibt es im Internet ja zuhauf.

Problematischer finde ich, dass das ganz klar eine Programmatik für ffde darstellt, egal ob es sich dabei um eine "persönliche Meinung" handelt. Persönliche Meinungen bestimmen eben den Umgangston und die vertretenen Positionen auf einer Seite, wenn sie vom Admin und den Mods vertreten und geduldet werden. Dass auf ffde nun nicht gerade das Licht der Aufklärung scheint, war ja auch schon länger klar. Aber dass man Leuten eine Plattform bietet, ihren Hatespeech zu verbreiten, ist schon noch mal ne andere Nummer.

Helge selber stellt sich rhetorisch nicht so dumm an wie seine Troll-Entourage, aber inhaltlich sehe ich da sehr wenig Unterschied, allen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Ich weiß nicht, ob du dir mal seinen Twitter-Account angeguckt hast - den nutzt er, um feministische Tweets zu diffamieren. Auf genau die unsäglich dumme Dudebro-Art und Weise, wie das Männerrechtler und Red Pillers halt so machen: "komm, Baby, ich erklär dir mal die Welt, hab dich nicht so."

Der letzte Tweet, den ich gesehen habe, bezog sich auf einen der mittlerweile im englischsprachigen Bereich recht verbreiteten Hinweise, dass es uncool sei, sich zu Halloween als Teil einer ethnischen Minderheit zu verkleiden. (Stichwort Blackfacing)
Achtung, ganz brilliant, inhaltlich wie formal sein Kommentar dazu: "Get a grip. There is no stigma in being. You are who you are - and it doesnt matter if someone wears a costume." Interpretation meinerseits: "Hey, du Person, die rassistisch diskriminiert wird, du bildest dir nur ein, dass du diskriminiert wirst, weil ich meinen eigenen Rassismus als nicht diskriminierend, sondern als ganz normal empfinde. Ich will nicht auf mein Recht verzichten, ein rassistisches Kostüm zu tragen, nur um dich nicht zu beleidigen."

Also, in my very humble opinion (lmao) besteht da überhaupt kein Unterschied zu den Diskussionsbeiträgen der Trolle; das hat definitiv weder was mit Humanismus noch mit egalitärem Liberalismus, noch überhaupt irgendwas mit "Rationalität" zu tun.

Im Endeffekt leugnen solche Beiträge jegliche objektive Realität und machen einen Konflikt von zwei subjektiven Empfinden auf, wobei das eine einfach qua Hegemonie richtig liegt und das andere halt nicht. Eine derartige Selbstreferenzialität ist besonders problematisch, wenn sie sich so gezielt gegen Schwächere richtet.

Worin man letztlich noch unterscheiden könnte, wäre der Tonfall, also ob es so paternalistisch-bevormundend kommt wie von Helge, oder halt so dummdreist-feindlich wie von SeverusGranger oder wie die ganzen Deppen sonst noch heißen. Aber selbst in der Beziehung fühlt sich Helge nicht bemüßigt einzugreifen (obwohl er ja sonst alles mögliche löscht und zensiert), woraus man einfach notwendigerweise Zustimmung folgern muss.

Wenn du über die Plattform belästigt wirst, solltest du zumindest darauf dringen, dass die entsprechenden User gesperrt werden. Nicht, weil du spezifisch sie jetzt nicht handlen könntest, sondern weil sie sonst ungestört weiter machen wie sie lustig sind.

Es ist ja ne gute Sache, ein dickes Fell zu haben (für alle möglichen Gelegenheiten :D), aber man kann das nicht von allen verlangen. Zumal nicht, wenn Leute ständig mit den gleichen Vorurteilen konfrontiert werden. Irgendwann kann man vielleicht nicht mehr nur die Schultern zucken. Ich hab mir auch unfassbar lange, unfassbar viel Blödsinn angehört, mit einem milden Lächeln und einfach den Mund gehalten. Gerade wenn Leute über Feminismus sprachen und der Meinung waren, das Emanzen nur lilalatzhosentragende Männerhasserinnen seien. Ich dachte mir halt, ich bin schon völlig emanzipiert, ich habe Teil an männlicher Subjektivität, ich seh mich erst mal als Mensch, nicht als Frau. Dummerweise hat das aber die anti-feministische Gegenseite nicht so gesehen. Und irgendwann wird aus dem Augenrollen dann ein Zähneknirschen. Ich hab einfach keine Lust, als Folie für die Minderwertigkeitskomplexe irgendwelcher Kerle herzuhalten, die ihre Identität nur durch Abgrenzung gegen (subalterne) Gruppen zusammengebastelt bekommen und nicht in der Lage sind, etwas außerhalb ihres eigenen Wahnsystems wahrzunehmen.

Im Bezug auf fanfiction finde ich das besonders dramatisch, weil ich das eigentlich a) als Spielwiese von (vor allem) Frauen und b) als Freiraum für Interpretationen gesehen habe, die signifikant vom Mainstream abweichen und damit Identifikationsmöglichkeiten für Leute bieten, die sonst in der (Pop)Kultur wenig oder gar nicht repräsentiert werden. Also ein liberales, egalitäres und progressives Klima für (evtl. junge) Menschen darstellen, indem sie sich über Fragen von Identität austauschen können, ohne dass sie ständig zurechtgestutzt werden.

Und dummerweise ist fanfiktion.de das genaue Gegenteil von dieser Internet-Utopie.

(Okay, ich hab mich schon wieder hoffnungslos vergaloppiert, sorry.)