Ich nicht, weil ich die mag :D Ich mag allerdings auch Carroux und bin daher eiserner Verfechter der Ansicht, dass es da kein besser oder schlechter sondern nur ein "meine Meinung" gibt (die Frage stellt sich beim Hobbit allerdings nicht, das ist es ganz klar Krege!). Es kommt halt darauf an, was man zuerst gelesen hat. Bei mir war es eben Krege. Wobei ich auch die Ansicht verstehen kann und sie teils auch auch vertrete, dass man sagt, dass Carroux in gewisser Weise der wahre HdR ist.
Darüber hinaus: Wenn man nicht ohnehin gleich das Original liest, hat man bei Krege den Vorteil, dass man die Hauptwerke in einheitlicher Übersetzung hat :P
Aber original ist und bleibt eh das beste, nicht nur bei Tolkien *wird sicher irgendwann mal Polnisch lernen* Ähem ...
Ich finde ja auch, dass Krege seine lichten Momente hat, aber nach gründlicher Durchsicht der Übersetzungen muss ich sagen, ich finde Carroux doch besser. Die hat nicht diese blödsinnigen Modernisieurungsversuche drin.
Krege konnte gut übersetzen, das Silmarilion hat er ja glaub ich auch ins Deutsche gebracht ... aber seine Vision für den Herr der Ringe war halt irgendwie irregeleitet.
Das Original ist natürlich am besten ... ist nicht bei allen Werken so, bei Tolkien aber schon. (Es gibt auch solche, wo der Übersetzer den Stil verbessert hat - und bei Twilight und Konsorten erspart man sich mit der Übersetzung angeblich Einiges an Leiden)
Es gibt auch solche, wo der Übersetzer den Stil verbessert hat - und bei Twilight und Konsorten erspart man sich mit der Übersetzung angeblich Einiges an Leiden)
*nick* Ich hab den Fehler gemacht und mir Hunger Games auf Englisch gekauft, nachdem ich die Trilogie mir mehrmals auf Deutsch aus der Schulbibo ausgeliehen hatte. Boah, das Englisch ist so furchtbar! Und das liegt nicht nur daran, dass ich vorher nur Tolkiens Englisch gewohnt war. Ich hab noch nicht sooo viele Originale, aber Martin beispielsweise schwirrt auch in gänzlich anderen Dimensionen herum als Collins.
Ich wollte noch was zur Diskussion um Sexualität bei Tolkien nachtragen, weil das für mich so ein "pet peeve" ist.
Als Autor*in ist es vermutlich immer so, dass man gewisse eigene Vorstellungen in ein Werk einbringt, sei es nun Original oder Fanfiction. Meine Figuren sind eigentlich alle polyamourös, pansexuell und äh polymorph-pervers. Vielleicht hab ich zuviel Freud gelesen, ich glaube, das reflektiert aber halt Teile meiner eigenen Psyche und naja, dafür ist Literatur dann wohl da.
Andere Leute interessiert Sexualität nicht die Bohne, und auch das ist nachvollziehbar.
Tolkien hat bei seiner Beschreibung von elbischer Sexualität (soviel es davon eben gibt) sehr stark aus seiner eigenen Erfahrung geschöpft, würde ich behaupten - sexuelle Leidenschaft in der Jugend, später romantische Liebe und eine Sublimierung der Libido auf wissenschaftliche oder fantastische Projekte. Das ist ja nicht schlecht, viele Leute ticken so, dass Sexualität stark an ein Objekt des Begehrens geknüpft ist und sich im Lauf der Zeit zugunsten eines Gefühl von Vertrautheit und Innigkeit verliert und sie ihre Energie lieber auf anderes verwenden.
Ich halte es nur für mega-unplausibel, wenn sich alle Wesen in Mittelerde so verhalten. Die Zwerge sind ja noch asexueller als die Elben, und die Menschen und die Hobbits... naja, askethische Helden und bücherliebende Junggesellen. Auch nicht so der Knaller. Und Orks -- ich meine wenigstens Orks müssten doch... aber nein, die sind am allerasexuellsten. Da fehlt mir ein bisschen die Regenbogen-Herangehensweise.
Es ist natürlich toll wie sehr JRR seine Luthien, aka Edith geliebt hat, und ich würde das auch in Maßen als Beziehungsmodell gelten lassen, aber so ist für mich ist eins dieser typischen Löcher im Canon, die man mit Fanfic und äh romantischem Bedürfnis füllen kann. ;) Vielleicht auch mit der Vielfalt, die in unserer Gesellschaft heutzutage glücklicherweise viel mehr Platz findet, als das zu Tolkiens Zeit der Fall war.
Wenn man sich das Silmarillion anguckt, dann sind die üblichen Eifersucht-Frauenraub-Gruselgeschichten, die man auch sonst in Sagen und Mythen findet, da auch ganz stark vertreten. Nur werden sie halt oft beiläufig und im Nebensatz abgehandelt. Das weist imo darauf hin, dass Tolkien Begehren eben doch nicht als Handlungsmotiv ausgeschlossen hat, sondern nur als tendenziell übergriffig verdammt. Dass es also die gute, gezähmte, romantische Sexualität gibt (off-screen) und die böse, zerstörerische Variante. Sogar epische Liebesgeschichten wie die von Thingol und Melian sind eigentlich ziemlich problematisch. (Ich meine, er verschwindet einfach von der Bildfläche, nachdem er sie getroffen hat, WTF) - und gestern hab ich ein Gif-Set über fyeahthesilmarillion auf tumblr gefunden, über die glücklichen Tage von Eol, Aredhel und Maeglin, da dachte ich mein Schwein pfeift. Aber naja.
Worauf wollte ich hinaus? Ach ja, auf eine gewisse inhärente Logik. Es ist z.B. anzunehmen, dass sich verlängerte Lebensspannen auch deutlich auf einen (nennen wir's mal mangels eines besseren Worts) Reifeprozess auswirken. Hobbits (also letztlich die Identifikationsfiguren für LOTR/Hobbit) werden z.B. überhaupt erst mit 33 volljährig. Dadurch sind sie erst Mitte 50 sowas wie erstzunehmende Erwachsene. In unserer Umwelt kann man ähnliche Tendenzen feststellen - früher war jemand mit 30 schon in seinen mittleren Jahren, heute ist das langsam so die Zeit, in der man sich einen etablierten Lebensstil zulegt, über Kinder nachdenkt und so. (Ich verallgemeinere, aber ihr versteht vielleicht was ich sagen will) - Das hieße ja aber eigentlich umso mehr, dass die Charaktere, von denen Tolkien erzählt, eigentlich noch voll in ihrer Sturm und Drang-Phase sein müssten. (Hence the shipping)
Uns eine verlängerte Jugend vorzustellen, fällt es uns vermutlich nicht so schwer, aber eine "ewige Jugend" wie bei den Elben? Ich meine, was macht man mit der ganzen Zeit (ohne Netflix und Internet ;))? Kunst und Wissenschaft ist ja gut und schön, aber immer und ohne Pause? Was treibt einen Elben dann noch an? Ich stelle mir das zunehmend langweiliger vor. Und was hilft besser gegen Langeweile als hier und da mal ordentlich über die Stränge zu schlagen? :D
Und macht eine Eigentumslogik, wie sie strikte Monogamie impliziert, für Wesen, die ewig leben und einen entsprechenden Horizont haben, überhaupt Sinn? Wenn man voll chill ist mit sich und seiner/m Liebsten, kann man doch auch aushalten, wenn die mal mit jemand anderem turteln. Ich würde mir vorstellen, dass man mit 500 Jahren Sexualität eher gelassen sieht - und vielleicht hat es nicht die gleiche Dringlichkeit wie mit 50 (lol), aber ganz darauf verzichten?
Ach, eine Verschwendung von hübschen Elben... :P
Nebenbei halte ich Unsterblichkeit überhaupt für ziemlich schwieriges Motiv, wenn man ihm gerecht werden will - einfach weil sich unser Leben über Anfang und Ende und eine gewisse Zeitnot definiert. Weshalb sollte man z.B. Kinder zeugen/bekommen, wenn man selbst ewig lebt?
Da hängen echt superviele, superinteressante Fragen dran. Aber für Tolkien war Charakter-Psychologie wohl nicht so ein Schwerpunkt. Muss ja auch nicht. Bei so viel Lore kann man nicht alles erzählen. Aber genau deswegen macht es ja auch so viel Spaß, sich damit zu befassen.
Letztlich ist halt Canon auch immer Auslegungsfrage, Fanfiction kann per definitionem nicht Canon sein. Ich verstehe aber, dass man nichts lesen will, das dem eigenen Geschmack nicht entspricht. Warum sollte man auch.
Glückliche Tage von Eol und Aredhel? Ich habe das immer als Vergewaltigung gelesen. Abusive relationship allermindestens.
Zum Thema Elben und Kindheit ... ich habe ja in "Schneemädchen" den Elben bewusst etwas kindisch handeln lassen.
Dazu gibt es ganz interessante Ideen. In einem Webcomic den ich mal gelesen habe, hatten Feen ein begrenztes Langzeitgedächtnis. Das ihnen ermöglichte, ewig zu leben ohne an den Erinnerungen verrückt zu werden.
Vielleicht werden Elben ja in hohem Alter wieder kindisch, so wie das Gerüchten zufolge bei menschlichen Senioren der Fall ist?
Ich finde Tolkiens Canon in einer Hinsicht ganz gut: Man kann guten Gewissens über asexuelle Figuren schreiben. Heutzutage finden ja einige es schon abnormal, wenn jemand nicht mit allem ins Bett steigt was nicht bei drei auf dem Baum ist ...
Wenn man die Dinge so übernimmt wie Tolkien sie gesetzt hat, kommen da meiner Meinung nach recht interessante Plots heraus.
Naja. Fanfiction ist ja keine realistische Abbildung von Realität. Natürlich können und wollen die Figuren immer, wenn das die Autor_innen so schreiben, um ihre Fantasien auszuleben.
Tatsächlich ist für mich der springende Punkt der Asexualität eher eine der Sichtbarkeit von Motivation - Literatur ist voll von (vorwiegend männlichen) Charakteren, die unromantisch/asexuell bestimmt sind. Der Verzicht auf Sexualität oder das einfache Ausklammern ist alles andere als unüblich. Neu wäre nur, wenn klar gemacht würde, dass die Figur kein sexuelles (und/oder romantisches) Verlangen hat; also nicht aus religiösen oder moralischen Gründen auf Sex verzichtet, sondern einfach keine Lust darauf hat. Erst dadurch werden individuelle Bedürfnisse als solche überhaupt erkennbar. Damit fällt dann auch der ganze, extrem ideologisch aufgeladene "Mach dich mal locker"-Diskurs weg.
Nachdem männliche Figuren so gut wie nie über ihre romantischen Beziehungen definiert werden, finde ich es jetzt nicht so sehr revolutionär, wenn sie sich gut asexuell interpretieren lassen.
Revolutionär ist es nicht, stimmt. Eher retro. Männliche Figuren werden zwar nicht über ihre romantischen Beziehungen definiert, aber die Anzahl ihrer "Eroberungen" scheint mir heutzutage schon ein wichtiges Merkmal der Gary Stues in gedruckten Büchern zu sein. Und die Attraktivität vorkommender Frauen muss auch (gedanklich) kommentiert werden.
Diese Entwicklung geht mir einigermaßen auf die Nerven.
Und was Moral angeht: Ich mag Moral. Ich mag Fanfics in denen Elrond kein Sexualleben hat, weil seine Ehefrau nicht in Mittelerde weilt, und er ihr treu ist. Die ganzen Fanfics in denen Elrond mit Lindir geslasht wird, hinterlassen bei mir einen üblen Nachgeschmack. Ich mag Slash. Ich habe ihn aber gern mit einer Extraportion Moral. Dafür bietet Mittelerde eigentlich eine gute Basis.
Hm. Inwiefern würdest du sagen, dass das eine Neuerung ist? Ich gestehe, ich bin da echt clueless.
Moral kann man ja so und so interpretieren - also als "Sittlichkeit" im ethischen Sinne oder als historisch/kulturell-spezifische Konventionen.
Wenn man annimmt, dass Elrond in einer einvernehmlich monogamen, exklusiven Beziehung mit Celebrían ist, dann ist es natürlich klar, dass er nichts mit Lindir haben darf. Ich betrachte aber "Treue" nicht als intrinsisch moralisch, sondern eben als Übereinkunft. Das eigentlich Unmoralische bestünde dann darin, ein gegebenes Versprechen zu brechen. Soll heißen letztlich ist das für mich eine (in Ermangelung eines besseren Wortes) weltanschauliche Frage, keine ethische.
Und bei Fanfic denke ich, hat es halt letztlich einfach was mit Geschmack zu tun, ob man das so oder so sieht. Ich wollte jetzt nicht die Legitimität einer anderen Interpretation in Abrede stellen. :)
Insofern als man in früheren Zeiten (anscheinend) noch ein Buch lesen konnte, ohne, dass einem das Sexualleben der Hauptperson um die Ohren geschlagen wurde. Sherlock Holmes wäre so eine Figur.
Und Tolkien war gefühlt der letzte Fantasyautor der auf derlei verzichtet hat. Das hat sicherlich auch was mit der Änderung der Moralvorstellungen zu tun ... beziehungsweise mit der Änderung der Ansichten darüber was man schreiben "darf" und was nicht. Heute werden ja so viele Tabus gebrochen, da ist eine explizite Sexszene noch harmlos.
Sicherlich ist es blöd, Sex als amoralisch unter den Teppich zu kehren. Nur finde ich, wenn man im Alltag bzw von den Medien etwas weniger damit bombardiert würde (insbesondere mit der pornographischen, inhaltsleeren Form), wäre das auch schön.
Letztlich ist es Geschmackssache. Ich finde nur, Tolkiens Figuren ein reges Sexualleben zuzuschreiben ist Potentialvergeudung. Da eignen sich andere Werke wesentlich besser als Grundlage. Die Elfen in den Elfquest-Comics sind schon vom Canon her polyamourös veranlagt.
Naja gut, soviel früher wären Beschreibungen von Sexualität auch einfach ein Fall für die Zensur gewesen.
Ich bin nicht so sonderlich belesen im Fantasy-Genre, aber möglicherweise gilt Sex dort einfach als essentiell für die Vermarktung? Viele Romane funktionieren ja genau wie Filme nach einer Art Baukastensystem und es gibt eine Zutatenliste, die man beherzigen muss, damit sich das Endprodukt verkaufen lässt.
Ich finde ja (vermutlich aufgrund meiner persönlichen Präferenzen ;)) tatsächlich "richtigen Porn" völlig unproblematisch. Mein Problem ist, dass Sexualität ständig instrumentalisiert wird, z.B. um etwas zu verkaufen, und dass dazu vorwiegend weibliche Körper objektiviert werden. So nach dem Motto "Guck mal Titten, du musst diesen Schnaps kaufen" oder auch "Du musst sexy sein, dazu brauchst du diesen Lippenstift".
Ich finde ja gerade Tolkien *perfekt* um sich auszutoben, eben weil das Liebesleben der Figuren eine weitestgehende Leerstelle ist. Es geht ja bei Fanfic fast nie nur darum, "heiße Szenen" zu schreiben, sondern auch immer etwas über die Charaktere zu sagen, was der Canon offen lässt.
Ja, Sex scheint tatsächlich Teil der Fantasy-Formel zu sein. Ich finde das aber unglaublich nervig, als unmündiger Dummkopf behandelt zu werden, der Bücher nur kauft wenn alle Baukastenteile enthalten sind. Ein guter Grund, stattdessen Fanfiction zu lesen.
Die pornofizierte Werbung ist tatsächlich das, was mich am meisten stört - Pornographie als solche kann man ja meiden. Aber um die vollbusige Frau, die aus irgendeinem Grund zum Kauf von Elektroprodukten verführen soll, kommt man nicht herum.
Und Essenslieferdienste könnten meiner Meinung nach auch die zweideutigen Sprüche auf ihren Werbeplakaten bleiben lassen.
Elfquest wird Dir gefallen. Das ist für die Zeit zu der es entstanden ist sehr progressiv.
Es gibt auf AO3 einige Fanfics in denen Figuren tatsächlich asexuell sind. Ich glaube sogar eine in der Bilbo derjenige welcher ist, und immer dachte, er könnte nie eine Beziehung führen, weil Andere immer Sex wollen ... und dann trifft er die Zwerge, bei denen Asexualität ganz normal ist.
Und dann wären da noch die Fanfics in denen aus dem offiziellen Geschlechterverhältnis der Zwerge (3 Männer auf eine Frau) geschlossen wird, dass Polyandrie üblich ist.
Ja, ich weiß. Ich wollte überhaupt nicht sagen, dass ich Repräsentation von Asexualität nicht toll finde. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass Sexualität einfach lange unter Androhung von Zensur ausgeklammert wurde, plus es eine Tradition des askethischen, selbstdisziplinierten Helden gibt.
Ach, ich hab's ja schon gesagt, die Queerness des Hobbitfandoms. <3
Es gibt auf AO3 einige Fanfics in denen Figuren tatsächlich asexuell sind.
Nicht nur auf AO3. Ok, einst. Ich hab es nie so definiert, aber eigentlich trifft das genau auf meinen Gil-galad zu. Er starb ohne einen Erben. Warum? Weil er nie Interesse an einer sexuellen Beziehung hatte. "Was? Heiraten? Erbe? Wozu brauch ich das? Hier, Elrond, mach mal." So nach dem Motto :D
Meinem Elrond ging es lange Zeit auch so, nämlich bis zu dem Punkt, an dem er Celebrían das erste Mal traf. Er blieb ihr dann auch auf immer und ewig treu. Ehrlich, ich kann FFs auf den Tod nicht ab, wo er mit irgendwem anderes verkuppelt wird, egal, ob das nun vor Celebrían war oder nachdem sie in den Westen ging. Elben sind ausgesprochen monogam, und es hat einen entscheidenden Grund, warum Finwe eine ganz große Ausnahme ist und seine erneute Heirat auch so einen riesen Aufschrei lostrat bei einigen (insbesondere seinem Sohn).
Das kommt doch ganz auf die Gesellschaft an in der sie praktiziert wird. In meinen Fanfics haben Elben eben eine "bessere Hälfte", und da ihrer Seele zur Vollständigkeit nur eine andere Hälfte fehlt, und nicht etwa zwei, sind sie monogam.
In Tolkiens Originalwelt würde ich die Implikation schon sehen, weil Patriarchat. Aber ich mach mir die Welt (Mittelerde) wie sie mir gefällt. :P
Ich kann hier aber auch etwas Eigenwerbung für meine an "Monstrous Regiment" angelehnte Fanfic machen ... da versuchen die Protas eben dieser Eigentumssache zu entkommen.Und sind irgendwie poly. ^^
Ist das so rübergekommen, dass ich Eigentumslogik und Monogamie so direkt zusammendenke, oder ist das eine offene Frage?
Die Motivationen können ja logischerweise unterschiedlich sein. Klassisch geht es dabei um das Eigentum an den Reproduktionsfähigkeiten einer Frau, aber das kann auch in einer polygamen Beziehung so sein.
Man kann das auch "platonisch" als Bez. von Seelenverwandten fassen. Oder einfach als gegenseitiges Abkommen ohne das Gefühl eines Verzichts. Die Motivationen für Monogamie sind - jenseits gesellschaftlicher Konventionen, soweit man das getrennt bekommt natürlich - recht unterschiedlich.
Als springenden Punkt würde ich das Libidolevel einer Person sehen. So wie Tolkien Elben zeichnet, sind die eben weitestgehen a- oder vielleicht noch greysexual, weil sie eine vergleichsweise kurze Phase des sexuellen Begehrens durchleben und danach nur noch (sehr intensive) romantische Gefühle füreinander hegen. So wie Bilbo oder Frodo charakterisiert werden, sind sie vollkommen unromantisch. Ich verstehe, dass sich viele Leute damit identifizieren können. Andere halt nicht, und die schreiben ihre eigene Interpretation, so wie du und ich. (Monstrous Regiment?!!! Wo?!! ^^). Auf mehr wollte ich eigentlich nicht hinaus. So weit, so banal. ;)
Das Eigentum an den Reproduktionsfähigkeiten von Frauen kann auch kollektiv sein - es ist so gesehen die definierende Eigenschaft eines Patriarchats. (Heute ist ja jeder Mann automatisch Eigentümer der Kinder die er gezeugt hat, in anderer Hinsicht übt der Staat die Kontrolle per Abtreibungsgesetze aus. Aber für die Debatte darüber könnte man einen eigenen Post aufmachen) Einen Zusammenhang mit Poly- oder Monogamie sehe ich da eher weniger als einen mit der Doppelmoral in Bezug auf Ehebruch.
Ich habe die Story "The Monstrous Company of Thorin Oakenshield" genannt. Sollte irgendwo bei meinen Stories auf AO3 sein.
Ah, ich sehe gerade, ich hab das weiter oben sogar direkt so geschrieben. Ähem.
Und ist es nicht so, dass dieses "Eigentum" an Frau und Kindern heutzutage deutlich eingeschränkter ist als es mal war? Also ja, der Staat greift da biopolitisch ein und Männer haben auch Rechte an ihren Kindern, aber nicht im gleichen Maß wie früher. (Ich würde ja die Zustände auch eher als post-patriarchal beschreiben. ;))
Ich hab's schon gefunden. Erst mal steht aber immer noch deine Nori/Dwalin-Geschichte auf meiner To-Read-Liste. :)
Eingeschränkter im Gegensatz zu den Zeiten in denen Männer bei einer Scheidung automatisch das Sorgerecht bekamen - siehe Effi Briest.
Aber es hat da auch einen Backlash gegeben. Unverheiratete Mütter hatten früher meines Wissens mehr Kontrolle darüber, welche Männer Umgang mit dem Kind haben.
Post-patriarchal sehe ich die Zustände noch nicht. So optimistisch bin ich da nicht. Zumal die Zustände in den USA viel repressiver sind, und die USA haben extrem starken Einfluss auf Deutschland.
Du meinst weil sich die Vaterschaft (im Gegensatz zu heute) nicht eindeutig nachweisen ließ?
Post-patriarchal heißt für mich nur, dass es eine strukturelle Gewalt gibt und keine persönliche Abhängigkeit mehr (oder nur noch sehr eingeschränkt). Das heißt nicht, dass ich glaube, Gleichberechtigung sei schon durchgesetzt.
Ich finde es schwierig, die USA mit Deutschland zu vergleichen, weil die Gesetzgebung in den USA ja von den jeweiligen Bundesstaaten abhängt und die Spannbreite da ziemlich groß ist. Zumal man auch sagen muss, dass Deutschland auch extrem konservativ ist, siehe z.B. die Abtreibungsgesetzgebung oder die Debatte um Gay Marriage.
Von hier fortgesetzt. Tolkien schreibt ja bspw. auch nicht immer gleich - der Hobbit ist ganz anders als der Herr der Ringe und der wiederum ganz anders als das Silmarillion.
Das finde ich so unglaublich faszinierend an Tolkien! Und das geilste sind ja überhaupt die verschiedensten Sprachebenen innerhalb des Herrn der Ringe! *fangirl**fangirl**fangirl*
Er schrieb den Hobbit anno dazumal eigentlich in erster Linie als Gute Nacht Geschichte für seine Kinder und fügte das ganze nur marginal in sein Legendarium ein. Das merkt man auch (und wirft, wenn man kennt, was er parallel am eigentlichen Hauptwerk schrieb, ein interessantes Licht auf Elrond). Den Herrn der Ringe begann er überhaupt nur auf Drängen seines Verlegers, genauer dessen Sohnes. Der Hobbit war allen Fans noch frisch im Gedächtnis und Tolkien wollte direkt daran anknüpfen. Das hat er so auch zunächst begonnen, und wen die Details interessieren, dem lege ich an dieser Stelle allerwärmstens The Return of the Shadow und Folgebände ans Herz. Am Ende bekam der Herr der Ringe einen weitaus ernsteren und erwachseneren Ton, wie wir ja wissen. Ich hatte einmal auf dem Weg zur Arbeit dieses eine unglaublich geniale Erlebnis: Ich saß im Bus und hörte gerade den Soundtrack des dritten Filmes, zufälligerweise gerade genau eines der besten Stücke ever: The Battle of the Pelennor Fields. Just in diesem Moment las ich auch genau davon, wie Éomer nach Théodens Tod zum Speer griff und einen heroischen Heldentod in der Schlacht suchte, da er das Schicksal der Menschen besiegelt sah. Niemals zuvor hatte ein Buch bei mir das wirklich dringende Bedürfnis ausgelöst, zu meinem Speer zu greifen, auf mein Pferd zu steigen und an der Seite König Éomers in die Schlacht zu reiten. Boah, das war so mega, dieser Moment!
Nun ja, worauf ich hinaus wollte, ist, dass der Herr der Ringe insgesamt zwar diesen erwachsenen Ton hat, aber der ursprüngliche Gedanke noch immer recht deutlich durchschimmert. Immer, wenn die Rede auf die Hobbits kommt und der POV direkt bei ihnen liegt, wechselt Tolkien in den lockeren, verspielten Stil, das, was den Hobbit auszeichnet und das so typisch für seine Hobbits ist. Ich liebe das einfach! Diese einfache, bodenständige und vor allem sehr vertraute Redensweise. Ich denke auch, dass es genau darin begründet liegt, warum jeder Leser die Hobbits als die kleinen großen Helden feiert: Weil sie wie der Leser sind. Keine großen Krieger und Feldherren, sondern einfache Leute aus der Nachbarschaft. Man versteht sie, sie sind dem Leser viel näher als Gandalf oder Aragorn.
Okay, mit deinem Hintergrundwissen zu Tolkien kann ich nicht mithalten (ich find das fangirlen immer so bezaubernd :D), aber ich denke, dass es immer erst mal einfacher ist, etwas zu schreiben, was sich nicht an literarischen Maßstäben messen muss - wie z.B. ein Kinderbuch, und dass das vermutlich für Tolkien so eine Art Ausredencharakter hatte.
Gleichzeitig ist es auch interessant, dass es Tolkien offensichtlich mehr um Eskapismus ging als um die Erschaffung eines literarischen Werks für andere. Soll heißen, er hat ja gar nicht so sehr für die Veröffentlichung geschrieben als vielmehr für sich selber.
Diese Selbstgenügsamkeit ist einerseits die Stärke seines Werks, aber andererseits würde ich sagen auch seine Schwäche, wenn man es jetzt nach ästhetischen Kritierien betrachtet. (Sorry, ich bin in der Bez. vorbelastet)
Ich habe z.B. eine Weile (gefühlt) permanent die Diskussion geführt, dass der Herr der Ringe als eine Parabel auf den zweiten Weltkrieg zu verstehen sei (und möglicherweise auch gleich noch auf den ersten) und deswegen (gut / schlecht / andere Meinung) Man kann vermutlich nicht leugnen, dass natürlich die Erfahrung der Gegenwart und die Verarbeitung der Vergangenheit immer irgendwie eine Rolle spielt, aber ich glaube, dass das in Tolkiens Oeuvre wirklich sehr, sehr nachrangig ist.
Schon wenn man ihn mit Lewis vergleicht, fällt ja auf, dass er sich ziemlich zurückhält, was Aussagen über Moral oder Religion oder soetwas angeht.
Das macht das Werk einigermaßen zeitlos; damit transportiert es wenig "Wahrheit" oder "kritisches Potential" oder wie auch immer man es nennen möchte, aber gleichzeitig funktioniert es auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung immer noch. Das ist schon sehr beeindruckend.
Zur sprachlichen Ebene kann ich nicht so viel sagen, ich hab nur kürzlich die Wanderung durch die Dead Marshes ein paarmal gelesen, weil ich was darüber schreiben wollte, und war sehr positiv überrascht davon, dass das wirklich stilistisch ansprechend ist und Spaß macht zu lesen, während ich früher immer wahnsinnig genervt von den ausufernden Beschreibungen war. Ich werde da bei Gelegenheit mal mehr darauf achten.^^
ich find das fangirlen immer so bezaubernd :D Stell dir einen kleinen, schwarz-lila Flummi vor, der begeistert auf und ab hüpft und über das ganze Gesicht strahlt wie ein kleines Kind, das gerade seine Lieblingssüßigkeit bekommen hat. Dann weißt du in etwa, wie ich bei sowas aussehe xP
Gleichzeitig ist es auch interessant, dass es Tolkien offensichtlich mehr um Eskapismus ging als um die Erschaffung eines literarischen Werks für andere. Soll heißen, er hat ja gar nicht so sehr für die Veröffentlichung geschrieben als vielmehr für sich selber. Auch. Aber nicht nur. Der Anlass für überhaupt alles, was er in seinem Leben auch nur ansatzweise in philologischer Richtung tat, war seine große Liebe zu Sprachen. Er hatte schon in Kindheitsjahren mit seinem Bruder angefangen, sich Phantasiesprachen auszudenken. Der Ursprung seines Legendariums später waren die Sprachen, erst dann kamen die erdachten Völker, die diese Sprachen hatten sprechen können. Seine Intension, zu schreiben, was er schrieb, war, dass er seiner Heimat ein Nationalepos geben wollte. Der Beowulf ist angelsächsisch, also sozusagen "Importware", womit die Britten nicht in dem Sinne so etwas haben, wie die Finnen mit der Kalevala oder wir mit dem Niebelungen-Lied. Er hatte diesen Umstand immer sehr bedauert. Also bediente er sich mal hier, mal da und stoppelte sozusagen sein Legendarium zusammen, gewürzt mit eigenen Komponenten. (Sehr zu empfehlen sind da seine Werke: "The Tale of Kullervo" (erst ganz frisch erschienen, knapp einen Monat!), "Die Geschichte von Sigurd und Gúdrin" und "König Arthurs Untergang", die beiden letzten gib's sehr erfreulicher Weise sogar zweisprachig.) Den Begriff Eskapismus liebe ich aber sehr in diesem Zusammenhang. Überhaupt finde ich dieses Wort generell ziemlich geil. Da empfiehlt es sich, Tolkiens Essay "On Fairy-stories" zu lesen. Da referiert er nebst einigen anderen spannenden Begriffen wie sub-creation und eucatastrophe auch darüber. Ich muss allerdings dazu sagen: Der Essay ist nicht ohne. Ich hab ihn bis jetzt zweimal gelesen und werde ihn mindestens noch ein drittes Mal lesen müssen, um wirklich alles halbwegs gut verstanden zu haben. Er empfiehlt sich aber dennoch, besonders die verlinkte Ausgabe, da da einige interessante Nebeninformationen drinnen stehen über die Entstehungsgeschichte hinaus. Der Essay erschien schon zu Tolkiens Lebzeiten in "Tree and Leaf", eine interessante Zusammenstellung von Texten, die Tolkien selbst zusammenstellte. Heute würde allerdings statt "Leaf by Niggle" (ich liebe diese Erzählung sooo sehr!) wohl "The Smith of Wotton Mayor" drin stehen, einfach weil dieses Spätwerk wahrscheinlich der Inbegriff von fairy story für Tolkien gewesen war. Außerdem erschien der Essay noch in "Monsters and the Critics", welches ja von Krege übersetzt wurde, und da dürfte dann auch der Essay in Deutsch zu finden sein. (Weiß ich nicht genau, mittlerweile kauf ich gleich auf Englisch, einfach, weil noch nicht alles von Tolkien übersetzt wurde, und das uU auch noch dauert.)
O man, ich palaver schon wieder :D Aber Tolkien ist echt das Thema schlechthin, wo ich aus dem Ärmel ganze Referate schütteln könnte.
Diese Selbstgenügsamkeit ist einerseits die Stärke seines Werks, aber andererseits würde ich sagen auch seine Schwäche, wenn man es jetzt nach ästhetischen Kritierien betrachtet. (Sorry, ich bin in der Bez. vorbelastet) Wie meinst du das? Inwiefern Schwäche?
Man kann vermutlich nicht leugnen, dass natürlich die Erfahrung der Gegenwart und die Verarbeitung der Vergangenheit immer irgendwie eine Rolle spielt, aber ich glaube, dass das in Tolkiens Oeuvre wirklich sehr, sehr nachrangig ist. Jup, genauso. Tolkien selbst stritt im Vorwort der korrigierten Neuauflage des Herrn der Ringe (das zugegebener Maßen sehr naheliegende) Gerücht ab, er hätte mit dem Herrn der Ringe eine Allegorie auf den Ersten oder gar Zweiten Weltkrieg geschrieben. Seine Werke sind dennoch geprägt von den einschneidenden Erlebnissen, die er dort machte, auch wenn diese nicht das Kernelement der Texte sind. Das sind immer noch die Sprachen und ihre philologischen Entwicklungen.
Schon wenn man ihn mit Lewis vergleicht, fällt ja auf, dass er sich ziemlich zurückhält, was Aussagen über Moral oder Religion oder soetwas angeht. Man muss dazu sagen, dass beide, so gut sie sich auch verstanden, da sehr gute Freunde, doch sehr unterschiedliche Intensionen befolgten. Ich liebe die Chroniken von Narnia, obwohl Lewis ganz klar und sehr deutlich damit seine Kinderbibel schrieb (wofür er übrigens auch teilweise kritisiert wurde, allerdings nur deswegen, weil er vorher vor allem Fachliteratur schrieb). Ich mein, Lewis hat ganz klare Motive aus der Bibel nahezu eins zu eins übernommen: der Baum und die Frucht aus "Das Wunder von Narnia", Aslans Opferung und seine Wideraufersteheung in "Der König von Narnia" oder überhaupt Aslan himself als Allegorie zu Jesus, Sohn Gottes. Ich bin überzeugter Atheist (oder eigentlich eher Agnostiker), daher überrascht es mich ehrlich gesagt selbst, dass ich trotz allem Narnia so sehr liebe und über solche Dinge einfach hinweg sehen kann. (Ich hab, zum Verständnis, gestern einen halben Tobsuchtanfall bekommen, als ich vor der Uni einen Typen auf einer Leiter stehen sah und der einer kleine Gruppe Zuschauer irgenwelche kruden Dinge über Gott predigte. Ich musste sehr an mich halten, dem nicht irgendwelche flapsigen Worte zuzurufen im Vorbeigehen. Zugegebener Maßen war es irgendwie aber lustig, das Bild, das sich da einem bot. Erinnerte mich irgendwie hieran: https://www.youtube.com/watch?v=1XR3CQLBPL0) Tolkien hatte, wie gesagt, vor allem die Sprachen und ihre Beziehungen zueinander und ihre Veränderungen im Zuge von historischen Ereignissen im Sinn. Er war tiefgläubiger Katholik (was recht ungewöhnlich für einen Engländer ist), und aus diesem Aspekt heraus spielte seine Religion freilich auch eine durchaus sehr bemerkensewerte Rolle, wenn auch nicht so zentral wie bei Lewis, wie du ja bereits sagtest. (Wobei ich immer noch der Ansicht bin, dass die Valar durchaus Parallelen zur griechischen Götterwelt haben.)
Das macht das Werk einigermaßen zeitlos; damit transportiert es wenig "Wahrheit" oder "kritisches Potential" oder wie auch immer man es nennen möchte, aber gleichzeitig funktioniert es auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung immer noch. Das ist schon sehr beeindruckend. Das ist wie mit Shakespeare (und ich nenne beide sehr gerne in einem Atemzug). Beide greifen Themen auf, die einfach zeitlos sind und die keinerlei besonderen historischen Kontextes bedürfen, um verstanden zu werden. Liebe, Hass, Intrigen, Freundschaft, das ist alles allgemeingültig, und damit auch die Werke, die diese Dinge thematisieren. Ich hoffe sehr, dass Tolkien eines Tages einen solchen Stellenwert einnimmt, wie es Shakespeare bereits hat. Verdient hat er es auf alle Fälle.
no subject
Date: 2015-10-11 06:03 pm (UTC)no subject
Date: 2015-10-11 06:09 pm (UTC)Darüber hinaus: Wenn man nicht ohnehin gleich das Original liest, hat man bei Krege den Vorteil, dass man die Hauptwerke in einheitlicher Übersetzung hat :P
Aber original ist und bleibt eh das beste, nicht nur bei Tolkien *wird sicher irgendwann mal Polnisch lernen* Ähem ...
no subject
Date: 2015-10-11 06:14 pm (UTC)Krege konnte gut übersetzen, das Silmarilion hat er ja glaub ich auch ins Deutsche gebracht ... aber seine Vision für den Herr der Ringe war halt irgendwie irregeleitet.
Das Original ist natürlich am besten ... ist nicht bei allen Werken so, bei Tolkien aber schon. (Es gibt auch solche, wo der Übersetzer den Stil verbessert hat - und bei Twilight und Konsorten erspart man sich mit der Übersetzung angeblich Einiges an Leiden)
no subject
Date: 2015-10-11 06:18 pm (UTC)*nick* Ich hab den Fehler gemacht und mir Hunger Games auf Englisch gekauft, nachdem ich die Trilogie mir mehrmals auf Deutsch aus der Schulbibo ausgeliehen hatte. Boah, das Englisch ist so furchtbar! Und das liegt nicht nur daran, dass ich vorher nur Tolkiens Englisch gewohnt war. Ich hab noch nicht sooo viele Originale, aber Martin beispielsweise schwirrt auch in gänzlich anderen Dimensionen herum als Collins.
[/offtopic off]
no subject
Date: 2015-10-12 01:10 pm (UTC)Als Autor*in ist es vermutlich immer so, dass man gewisse eigene Vorstellungen in ein Werk einbringt, sei es nun Original oder Fanfiction. Meine Figuren sind eigentlich alle polyamourös, pansexuell und äh polymorph-pervers. Vielleicht hab ich zuviel Freud gelesen, ich glaube, das reflektiert aber halt Teile meiner eigenen Psyche und naja, dafür ist Literatur dann wohl da.
Andere Leute interessiert Sexualität nicht die Bohne, und auch das ist nachvollziehbar.
Tolkien hat bei seiner Beschreibung von elbischer Sexualität (soviel es davon eben gibt) sehr stark aus seiner eigenen Erfahrung geschöpft, würde ich behaupten - sexuelle Leidenschaft in der Jugend, später romantische Liebe und eine Sublimierung der Libido auf wissenschaftliche oder fantastische Projekte. Das ist ja nicht schlecht, viele Leute ticken so, dass Sexualität stark an ein Objekt des Begehrens geknüpft ist und sich im Lauf der Zeit zugunsten eines Gefühl von Vertrautheit und Innigkeit verliert und sie ihre Energie lieber auf anderes verwenden.
Ich halte es nur für mega-unplausibel, wenn sich alle Wesen in Mittelerde so verhalten. Die Zwerge sind ja noch asexueller als die Elben, und die Menschen und die Hobbits... naja, askethische Helden und bücherliebende Junggesellen. Auch nicht so der Knaller. Und Orks -- ich meine wenigstens Orks müssten doch... aber nein, die sind am allerasexuellsten. Da fehlt mir ein bisschen die Regenbogen-Herangehensweise.
Es ist natürlich toll wie sehr JRR seine Luthien, aka Edith geliebt hat, und ich würde das auch in Maßen als Beziehungsmodell gelten lassen, aber so ist für mich ist eins dieser typischen Löcher im Canon, die man mit Fanfic und äh romantischem Bedürfnis füllen kann. ;) Vielleicht auch mit der Vielfalt, die in unserer Gesellschaft heutzutage glücklicherweise viel mehr Platz findet, als das zu Tolkiens Zeit der Fall war.
Wenn man sich das Silmarillion anguckt, dann sind die üblichen Eifersucht-Frauenraub-Gruselgeschichten, die man auch sonst in Sagen und Mythen findet, da auch ganz stark vertreten. Nur werden sie halt oft beiläufig und im Nebensatz abgehandelt. Das weist imo darauf hin, dass Tolkien Begehren eben doch nicht als Handlungsmotiv ausgeschlossen hat, sondern nur als tendenziell übergriffig verdammt. Dass es also die gute, gezähmte, romantische Sexualität gibt (off-screen) und die böse, zerstörerische Variante. Sogar epische Liebesgeschichten wie die von Thingol und Melian sind eigentlich ziemlich problematisch. (Ich meine, er verschwindet einfach von der Bildfläche, nachdem er sie getroffen hat, WTF) - und gestern hab ich ein Gif-Set über fyeahthesilmarillion auf tumblr gefunden, über die glücklichen Tage von Eol, Aredhel und Maeglin, da dachte ich mein Schwein pfeift. Aber naja.
Worauf wollte ich hinaus? Ach ja, auf eine gewisse inhärente Logik. Es ist z.B. anzunehmen, dass sich verlängerte Lebensspannen auch deutlich auf einen (nennen wir's mal mangels eines besseren Worts) Reifeprozess auswirken. Hobbits (also letztlich die Identifikationsfiguren für LOTR/Hobbit) werden z.B. überhaupt erst mit 33 volljährig. Dadurch sind sie erst Mitte 50 sowas wie erstzunehmende Erwachsene. In unserer Umwelt kann man ähnliche Tendenzen feststellen - früher war jemand mit 30 schon in seinen mittleren Jahren, heute ist das langsam so die Zeit, in der man sich einen etablierten Lebensstil zulegt, über Kinder nachdenkt und so. (Ich verallgemeinere, aber ihr versteht vielleicht was ich sagen will) - Das hieße ja aber eigentlich umso mehr, dass die Charaktere, von denen Tolkien erzählt, eigentlich noch voll in ihrer Sturm und Drang-Phase sein müssten. (Hence the shipping)
Uns eine verlängerte Jugend vorzustellen, fällt es uns vermutlich nicht so schwer, aber eine "ewige Jugend" wie bei den Elben? Ich meine, was macht man mit der ganzen Zeit (ohne Netflix und Internet ;))? Kunst und Wissenschaft ist ja gut und schön, aber immer und ohne Pause? Was treibt einen Elben dann noch an? Ich stelle mir das zunehmend langweiliger vor. Und was hilft besser gegen Langeweile als hier und da mal ordentlich über die Stränge zu schlagen? :D
Und macht eine Eigentumslogik, wie sie strikte Monogamie impliziert, für Wesen, die ewig leben und einen entsprechenden Horizont haben, überhaupt Sinn? Wenn man voll chill ist mit sich und seiner/m Liebsten, kann man doch auch aushalten, wenn die mal mit jemand anderem turteln. Ich würde mir vorstellen, dass man mit 500 Jahren Sexualität eher gelassen sieht - und vielleicht hat es nicht die gleiche Dringlichkeit wie mit 50 (lol), aber ganz darauf verzichten?
Ach, eine Verschwendung von hübschen Elben... :P
Nebenbei halte ich Unsterblichkeit überhaupt für ziemlich schwieriges Motiv, wenn man ihm gerecht werden will - einfach weil sich unser Leben über Anfang und Ende und eine gewisse Zeitnot definiert. Weshalb sollte man z.B. Kinder zeugen/bekommen, wenn man selbst ewig lebt?
Da hängen echt superviele, superinteressante Fragen dran.
Aber für Tolkien war Charakter-Psychologie wohl nicht so ein Schwerpunkt. Muss ja auch nicht. Bei so viel Lore kann man nicht alles erzählen. Aber genau deswegen macht es ja auch so viel Spaß, sich damit zu befassen.
Letztlich ist halt Canon auch immer Auslegungsfrage, Fanfiction kann per definitionem nicht Canon sein. Ich verstehe aber, dass man nichts lesen will, das dem eigenen Geschmack nicht entspricht. Warum sollte man auch.
//Ende random babbling
no subject
Date: 2015-10-12 08:05 pm (UTC)Glückliche Tage von Eol und Aredhel? Ich habe das immer als Vergewaltigung gelesen. Abusive relationship allermindestens.
Zum Thema Elben und Kindheit ... ich habe ja in "Schneemädchen" den Elben bewusst etwas kindisch handeln lassen.
Dazu gibt es ganz interessante Ideen. In einem Webcomic den ich mal gelesen habe, hatten Feen ein begrenztes Langzeitgedächtnis. Das ihnen ermöglichte, ewig zu leben ohne an den Erinnerungen verrückt zu werden.
Vielleicht werden Elben ja in hohem Alter wieder kindisch, so wie das Gerüchten zufolge bei menschlichen Senioren der Fall ist?
Ich finde Tolkiens Canon in einer Hinsicht ganz gut: Man kann guten Gewissens über asexuelle Figuren schreiben. Heutzutage finden ja einige es schon abnormal, wenn jemand nicht mit allem ins Bett steigt was nicht bei drei auf dem Baum ist ...
Wenn man die Dinge so übernimmt wie Tolkien sie gesetzt hat, kommen da meiner Meinung nach recht interessante Plots heraus.
no subject
Date: 2015-10-12 10:45 pm (UTC)Tatsächlich ist für mich der springende Punkt der Asexualität eher eine der Sichtbarkeit von Motivation - Literatur ist voll von (vorwiegend männlichen) Charakteren, die unromantisch/asexuell bestimmt sind. Der Verzicht auf Sexualität oder das einfache Ausklammern ist alles andere als unüblich. Neu wäre nur, wenn klar gemacht würde, dass die Figur kein sexuelles (und/oder romantisches) Verlangen hat; also nicht aus religiösen oder moralischen Gründen auf Sex verzichtet, sondern einfach keine Lust darauf hat. Erst dadurch werden individuelle Bedürfnisse als solche überhaupt erkennbar. Damit fällt dann auch der ganze, extrem ideologisch aufgeladene "Mach dich mal locker"-Diskurs weg.
Nachdem männliche Figuren so gut wie nie über ihre romantischen Beziehungen definiert werden, finde ich es jetzt nicht so sehr revolutionär, wenn sie sich gut asexuell interpretieren lassen.
no subject
Date: 2015-10-13 12:47 pm (UTC)Revolutionär ist es nicht, stimmt. Eher retro.
Männliche Figuren werden zwar nicht über ihre romantischen Beziehungen definiert, aber die Anzahl ihrer "Eroberungen" scheint mir heutzutage schon ein wichtiges Merkmal der Gary Stues in gedruckten Büchern zu sein. Und die Attraktivität vorkommender Frauen muss auch (gedanklich) kommentiert werden.
Diese Entwicklung geht mir einigermaßen auf die Nerven.
Und was Moral angeht: Ich mag Moral. Ich mag Fanfics in denen Elrond kein Sexualleben hat, weil seine Ehefrau nicht in Mittelerde weilt, und er ihr treu ist. Die ganzen Fanfics in denen Elrond mit Lindir geslasht wird, hinterlassen bei mir einen üblen Nachgeschmack. Ich mag Slash. Ich habe ihn aber gern mit einer Extraportion Moral. Dafür bietet Mittelerde eigentlich eine gute Basis.
no subject
Date: 2015-10-13 02:18 pm (UTC)Moral kann man ja so und so interpretieren - also als "Sittlichkeit" im ethischen Sinne oder als historisch/kulturell-spezifische Konventionen.
Wenn man annimmt, dass Elrond in einer einvernehmlich monogamen, exklusiven Beziehung mit Celebrían ist, dann ist es natürlich klar, dass er nichts mit Lindir haben darf. Ich betrachte aber "Treue" nicht als intrinsisch moralisch, sondern eben als Übereinkunft. Das eigentlich Unmoralische bestünde dann darin, ein gegebenes Versprechen zu brechen. Soll heißen letztlich ist das für mich eine (in Ermangelung eines besseren Wortes) weltanschauliche Frage, keine ethische.
Und bei Fanfic denke ich, hat es halt letztlich einfach was mit Geschmack zu tun, ob man das so oder so sieht. Ich wollte jetzt nicht die Legitimität einer anderen Interpretation in Abrede stellen. :)
no subject
Date: 2015-10-13 02:53 pm (UTC)Insofern als man in früheren Zeiten (anscheinend) noch ein Buch lesen konnte, ohne, dass einem das Sexualleben der Hauptperson um die Ohren geschlagen wurde. Sherlock Holmes wäre so eine Figur.
Und Tolkien war gefühlt der letzte Fantasyautor der auf derlei verzichtet hat. Das hat sicherlich auch was mit der Änderung der Moralvorstellungen zu tun ... beziehungsweise mit der Änderung der Ansichten darüber was man schreiben "darf" und was nicht. Heute werden ja so viele Tabus gebrochen, da ist eine explizite Sexszene noch harmlos.
Sicherlich ist es blöd, Sex als amoralisch unter den Teppich zu kehren.
Nur finde ich, wenn man im Alltag bzw von den Medien etwas weniger damit bombardiert würde (insbesondere mit der pornographischen, inhaltsleeren Form), wäre das auch schön.
Letztlich ist es Geschmackssache. Ich finde nur, Tolkiens Figuren ein reges Sexualleben zuzuschreiben ist Potentialvergeudung. Da eignen sich andere Werke wesentlich besser als Grundlage. Die Elfen in den Elfquest-Comics sind schon vom Canon her polyamourös veranlagt.
no subject
Date: 2015-10-13 04:32 pm (UTC)Ich bin nicht so sonderlich belesen im Fantasy-Genre, aber möglicherweise gilt Sex dort einfach als essentiell für die Vermarktung? Viele Romane funktionieren ja genau wie Filme nach einer Art Baukastensystem und es gibt eine Zutatenliste, die man beherzigen muss, damit sich das Endprodukt verkaufen lässt.
Ich finde ja (vermutlich aufgrund meiner persönlichen Präferenzen ;)) tatsächlich "richtigen Porn" völlig unproblematisch. Mein Problem ist, dass Sexualität ständig instrumentalisiert wird, z.B. um etwas zu verkaufen, und dass dazu vorwiegend weibliche Körper objektiviert werden. So nach dem Motto "Guck mal Titten, du musst diesen Schnaps kaufen" oder auch "Du musst sexy sein, dazu brauchst du diesen Lippenstift".
Ich finde ja gerade Tolkien *perfekt* um sich auszutoben, eben weil das Liebesleben der Figuren eine weitestgehende Leerstelle ist. Es geht ja bei Fanfic fast nie nur darum, "heiße Szenen" zu schreiben, sondern auch immer etwas über die Charaktere zu sagen, was der Canon offen lässt.
So, ich geh mal googlen, was Elfquest ist. :D
no subject
Date: 2015-10-13 04:58 pm (UTC)Ja, Sex scheint tatsächlich Teil der Fantasy-Formel zu sein. Ich finde das aber unglaublich nervig, als unmündiger Dummkopf behandelt zu werden, der Bücher nur kauft wenn alle Baukastenteile enthalten sind. Ein guter Grund, stattdessen Fanfiction zu lesen.
Die pornofizierte Werbung ist tatsächlich das, was mich am meisten stört - Pornographie als solche kann man ja meiden. Aber um die vollbusige Frau, die aus irgendeinem Grund zum Kauf von Elektroprodukten verführen soll, kommt man nicht herum.
Und Essenslieferdienste könnten meiner Meinung nach auch die zweideutigen Sprüche auf ihren Werbeplakaten bleiben lassen.
Elfquest wird Dir gefallen. Das ist für die Zeit zu der es entstanden ist sehr progressiv.
no subject
Date: 2015-10-13 10:07 pm (UTC)Und dann wären da noch die Fanfics in denen aus dem offiziellen Geschlechterverhältnis der Zwerge (3 Männer auf eine Frau) geschlossen wird, dass Polyandrie üblich ist.
no subject
Date: 2015-10-14 08:44 am (UTC)Ach, ich hab's ja schon gesagt, die Queerness des Hobbitfandoms. <3
no subject
Date: 2015-10-15 10:14 am (UTC)Nicht nur auf AO3. Ok, einst. Ich hab es nie so definiert, aber eigentlich trifft das genau auf meinen Gil-galad zu. Er starb ohne einen Erben. Warum? Weil er nie Interesse an einer sexuellen Beziehung hatte. "Was? Heiraten? Erbe? Wozu brauch ich das? Hier, Elrond, mach mal." So nach dem Motto :D
Meinem Elrond ging es lange Zeit auch so, nämlich bis zu dem Punkt, an dem er Celebrían das erste Mal traf. Er blieb ihr dann auch auf immer und ewig treu. Ehrlich, ich kann FFs auf den Tod nicht ab, wo er mit irgendwem anderes verkuppelt wird, egal, ob das nun vor Celebrían war oder nachdem sie in den Westen ging. Elben sind ausgesprochen monogam, und es hat einen entscheidenden Grund, warum Finwe eine ganz große Ausnahme ist und seine erneute Heirat auch so einen riesen Aufschrei lostrat bei einigen (insbesondere seinem Sohn).
no subject
Date: 2015-10-15 09:29 pm (UTC)Genau so hab mag ich meine Fanfics.
Das mit Finwe endete ja auch in einem Desaster, wenn ich das richtig im Kopf habe. (Oder war sein Sohn das Desaster? Ich bin mir nicht mehr sicher.)
no subject
Date: 2015-10-13 11:04 pm (UTC)Das kommt doch ganz auf die Gesellschaft an in der sie praktiziert wird. In meinen Fanfics haben Elben eben eine "bessere Hälfte", und da ihrer Seele zur Vollständigkeit nur eine andere Hälfte fehlt, und nicht etwa zwei, sind sie monogam.
In Tolkiens Originalwelt würde ich die Implikation schon sehen, weil Patriarchat. Aber ich mach mir die Welt (Mittelerde) wie sie mir gefällt. :P
Ich kann hier aber auch etwas Eigenwerbung für meine an "Monstrous Regiment" angelehnte Fanfic machen ... da versuchen die Protas eben dieser Eigentumssache zu entkommen.Und sind irgendwie poly. ^^
no subject
Date: 2015-10-14 08:39 am (UTC)Die Motivationen können ja logischerweise unterschiedlich sein. Klassisch geht es dabei um das Eigentum an den Reproduktionsfähigkeiten einer Frau, aber das kann auch in einer polygamen Beziehung so sein.
Man kann das auch "platonisch" als Bez. von Seelenverwandten fassen. Oder einfach als gegenseitiges Abkommen ohne das Gefühl eines Verzichts. Die Motivationen für Monogamie sind - jenseits gesellschaftlicher Konventionen, soweit man das getrennt bekommt natürlich - recht unterschiedlich.
Als springenden Punkt würde ich das Libidolevel einer Person sehen. So wie Tolkien Elben zeichnet, sind die eben weitestgehen a- oder vielleicht noch greysexual, weil sie eine vergleichsweise kurze Phase des sexuellen Begehrens durchleben und danach nur noch (sehr intensive) romantische Gefühle füreinander hegen. So wie Bilbo oder Frodo charakterisiert werden, sind sie vollkommen unromantisch. Ich verstehe, dass sich viele Leute damit identifizieren können. Andere halt nicht, und die schreiben ihre eigene Interpretation, so wie du und ich. (Monstrous Regiment?!!! Wo?!! ^^). Auf mehr wollte ich eigentlich nicht hinaus. So weit, so banal. ;)
no subject
Date: 2015-10-14 10:47 am (UTC)Das Eigentum an den Reproduktionsfähigkeiten von Frauen kann auch kollektiv sein - es ist so gesehen die definierende Eigenschaft eines Patriarchats.
(Heute ist ja jeder Mann automatisch Eigentümer der Kinder die er gezeugt hat, in anderer Hinsicht übt der Staat die Kontrolle per Abtreibungsgesetze aus. Aber für die Debatte darüber könnte man einen eigenen Post aufmachen)
Einen Zusammenhang mit Poly- oder Monogamie sehe ich da eher weniger als einen mit der Doppelmoral in Bezug auf Ehebruch.
Ich habe die Story "The Monstrous Company of Thorin Oakenshield" genannt. Sollte irgendwo bei meinen Stories auf AO3 sein.
no subject
Date: 2015-10-14 10:53 am (UTC)Und ist es nicht so, dass dieses "Eigentum" an Frau und Kindern heutzutage deutlich eingeschränkter ist als es mal war? Also ja, der Staat greift da biopolitisch ein und Männer haben auch Rechte an ihren Kindern, aber nicht im gleichen Maß wie früher. (Ich würde ja die Zustände auch eher als post-patriarchal beschreiben. ;))
Ich hab's schon gefunden. Erst mal steht aber immer noch deine Nori/Dwalin-Geschichte auf meiner To-Read-Liste. :)
no subject
Date: 2015-10-14 11:10 am (UTC)Aber es hat da auch einen Backlash gegeben. Unverheiratete Mütter hatten früher meines Wissens mehr Kontrolle darüber, welche Männer Umgang mit dem Kind haben.
Post-patriarchal sehe ich die Zustände noch nicht. So optimistisch bin ich da nicht.
Zumal die Zustände in den USA viel repressiver sind, und die USA haben extrem starken Einfluss auf Deutschland.
no subject
Date: 2015-10-14 11:23 am (UTC)Post-patriarchal heißt für mich nur, dass es eine strukturelle Gewalt gibt und keine persönliche Abhängigkeit mehr (oder nur noch sehr eingeschränkt). Das heißt nicht, dass ich glaube, Gleichberechtigung sei schon durchgesetzt.
Ich finde es schwierig, die USA mit Deutschland zu vergleichen, weil die Gesetzgebung in den USA ja von den jeweiligen Bundesstaaten abhängt und die Spannbreite da ziemlich groß ist. Zumal man auch sagen muss, dass Deutschland auch extrem konservativ ist, siehe z.B. die Abtreibungsgesetzgebung oder die Debatte um Gay Marriage.
no subject
Date: 2015-10-14 11:34 am (UTC)Ob es nur an den technischen Fortschritten liegt, keine Ahnung.
Ich habe einen neuen Blogpost verfasst, in den wir dieses Thema verlagern können.
no subject
Date: 2015-10-15 10:15 pm (UTC)Ich lasse mal diesen Link zu einer Gen - Fanfic zum Hobbitfilm hier:
http://archiveofourown.org/works/3917779
no subject
Date: 2015-10-17 04:11 pm (UTC)Das finde ich so unglaublich faszinierend an Tolkien! Und das geilste sind ja überhaupt die verschiedensten Sprachebenen innerhalb des Herrn der Ringe! *fangirl**fangirl**fangirl*
Er schrieb den Hobbit anno dazumal eigentlich in erster Linie als Gute Nacht Geschichte für seine Kinder und fügte das ganze nur marginal in sein Legendarium ein. Das merkt man auch (und wirft, wenn man kennt, was er parallel am eigentlichen Hauptwerk schrieb, ein interessantes Licht auf Elrond). Den Herrn der Ringe begann er überhaupt nur auf Drängen seines Verlegers, genauer dessen Sohnes. Der Hobbit war allen Fans noch frisch im Gedächtnis und Tolkien wollte direkt daran anknüpfen. Das hat er so auch zunächst begonnen, und wen die Details interessieren, dem lege ich an dieser Stelle allerwärmstens The Return of the Shadow und Folgebände ans Herz. Am Ende bekam der Herr der Ringe einen weitaus ernsteren und erwachseneren Ton, wie wir ja wissen. Ich hatte einmal auf dem Weg zur Arbeit dieses eine unglaublich geniale Erlebnis: Ich saß im Bus und hörte gerade den Soundtrack des dritten Filmes, zufälligerweise gerade genau eines der besten Stücke ever: The Battle of the Pelennor Fields. Just in diesem Moment las ich auch genau davon, wie Éomer nach Théodens Tod zum Speer griff und einen heroischen Heldentod in der Schlacht suchte, da er das Schicksal der Menschen besiegelt sah. Niemals zuvor hatte ein Buch bei mir das wirklich dringende Bedürfnis ausgelöst, zu meinem Speer zu greifen, auf mein Pferd zu steigen und an der Seite König Éomers in die Schlacht zu reiten. Boah, das war so mega, dieser Moment!
Nun ja, worauf ich hinaus wollte, ist, dass der Herr der Ringe insgesamt zwar diesen erwachsenen Ton hat, aber der ursprüngliche Gedanke noch immer recht deutlich durchschimmert. Immer, wenn die Rede auf die Hobbits kommt und der POV direkt bei ihnen liegt, wechselt Tolkien in den lockeren, verspielten Stil, das, was den Hobbit auszeichnet und das so typisch für seine Hobbits ist. Ich liebe das einfach! Diese einfache, bodenständige und vor allem sehr vertraute Redensweise. Ich denke auch, dass es genau darin begründet liegt, warum jeder Leser die Hobbits als die kleinen großen Helden feiert: Weil sie wie der Leser sind. Keine großen Krieger und Feldherren, sondern einfache Leute aus der Nachbarschaft. Man versteht sie, sie sind dem Leser viel näher als Gandalf oder Aragorn.
no subject
Date: 2015-10-17 04:55 pm (UTC)Gleichzeitig ist es auch interessant, dass es Tolkien offensichtlich mehr um Eskapismus ging als um die Erschaffung eines literarischen Werks für andere. Soll heißen, er hat ja gar nicht so sehr für die Veröffentlichung geschrieben als vielmehr für sich selber.
Diese Selbstgenügsamkeit ist einerseits die Stärke seines Werks, aber andererseits würde ich sagen auch seine Schwäche, wenn man es jetzt nach ästhetischen Kritierien betrachtet. (Sorry, ich bin in der Bez. vorbelastet)
Ich habe z.B. eine Weile (gefühlt) permanent die Diskussion geführt, dass der Herr der Ringe als eine Parabel auf den zweiten Weltkrieg zu verstehen sei (und möglicherweise auch gleich noch auf den ersten) und deswegen (gut / schlecht / andere Meinung) Man kann vermutlich nicht leugnen, dass natürlich die Erfahrung der Gegenwart und die Verarbeitung der Vergangenheit immer irgendwie eine Rolle spielt, aber ich glaube, dass das in Tolkiens Oeuvre wirklich sehr, sehr nachrangig ist.
Schon wenn man ihn mit Lewis vergleicht, fällt ja auf, dass er sich ziemlich zurückhält, was Aussagen über Moral oder Religion oder soetwas angeht.
Das macht das Werk einigermaßen zeitlos; damit transportiert es wenig "Wahrheit" oder "kritisches Potential" oder wie auch immer man es nennen möchte, aber gleichzeitig funktioniert es auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung immer noch. Das ist schon sehr beeindruckend.
Zur sprachlichen Ebene kann ich nicht so viel sagen, ich hab nur kürzlich die Wanderung durch die Dead Marshes ein paarmal gelesen, weil ich was darüber schreiben wollte, und war sehr positiv überrascht davon, dass das wirklich stilistisch ansprechend ist und Spaß macht zu lesen, während ich früher immer wahnsinnig genervt von den ausufernden Beschreibungen war. Ich werde da bei Gelegenheit mal mehr darauf achten.^^
no subject
Date: 2015-10-17 06:27 pm (UTC)Stell dir einen kleinen, schwarz-lila Flummi vor, der begeistert auf und ab hüpft und über das ganze Gesicht strahlt wie ein kleines Kind, das gerade seine Lieblingssüßigkeit bekommen hat. Dann weißt du in etwa, wie ich bei sowas aussehe xP
Auch. Aber nicht nur. Der Anlass für überhaupt alles, was er in seinem Leben auch nur ansatzweise in philologischer Richtung tat, war seine große Liebe zu Sprachen. Er hatte schon in Kindheitsjahren mit seinem Bruder angefangen, sich Phantasiesprachen auszudenken. Der Ursprung seines Legendariums später waren die Sprachen, erst dann kamen die erdachten Völker, die diese Sprachen hatten sprechen können. Seine Intension, zu schreiben, was er schrieb, war, dass er seiner Heimat ein Nationalepos geben wollte. Der Beowulf ist angelsächsisch, also sozusagen "Importware", womit die Britten nicht in dem Sinne so etwas haben, wie die Finnen mit der Kalevala oder wir mit dem Niebelungen-Lied. Er hatte diesen Umstand immer sehr bedauert. Also bediente er sich mal hier, mal da und stoppelte sozusagen sein Legendarium zusammen, gewürzt mit eigenen Komponenten. (Sehr zu empfehlen sind da seine Werke: "The Tale of Kullervo" (erst ganz frisch erschienen, knapp einen Monat!), "Die Geschichte von Sigurd und Gúdrin" und "König Arthurs Untergang", die beiden letzten gib's sehr erfreulicher Weise sogar zweisprachig.)
Den Begriff Eskapismus liebe ich aber sehr in diesem Zusammenhang. Überhaupt finde ich dieses Wort generell ziemlich geil. Da empfiehlt es sich, Tolkiens Essay "On Fairy-stories" zu lesen. Da referiert er nebst einigen anderen spannenden Begriffen wie sub-creation und eucatastrophe auch darüber. Ich muss allerdings dazu sagen: Der Essay ist nicht ohne. Ich hab ihn bis jetzt zweimal gelesen und werde ihn mindestens noch ein drittes Mal lesen müssen, um wirklich alles halbwegs gut verstanden zu haben. Er empfiehlt sich aber dennoch, besonders die verlinkte Ausgabe, da da einige interessante Nebeninformationen drinnen stehen über die Entstehungsgeschichte hinaus. Der Essay erschien schon zu Tolkiens Lebzeiten in "Tree and Leaf", eine interessante Zusammenstellung von Texten, die Tolkien selbst zusammenstellte. Heute würde allerdings statt "Leaf by Niggle" (ich liebe diese Erzählung sooo sehr!) wohl "The Smith of Wotton Mayor" drin stehen, einfach weil dieses Spätwerk wahrscheinlich der Inbegriff von fairy story für Tolkien gewesen war. Außerdem erschien der Essay noch in "Monsters and the Critics", welches ja von Krege übersetzt wurde, und da dürfte dann auch der Essay in Deutsch zu finden sein. (Weiß ich nicht genau, mittlerweile kauf ich gleich auf Englisch, einfach, weil noch nicht alles von Tolkien übersetzt wurde, und das uU auch noch dauert.)
O man, ich palaver schon wieder :D Aber Tolkien ist echt das Thema schlechthin, wo ich aus dem Ärmel ganze Referate schütteln könnte.
Wie meinst du das? Inwiefern Schwäche?
Jup, genauso. Tolkien selbst stritt im Vorwort der korrigierten Neuauflage des Herrn der Ringe (das zugegebener Maßen sehr naheliegende) Gerücht ab, er hätte mit dem Herrn der Ringe eine Allegorie auf den Ersten oder gar Zweiten Weltkrieg geschrieben. Seine Werke sind dennoch geprägt von den einschneidenden Erlebnissen, die er dort machte, auch wenn diese nicht das Kernelement der Texte sind. Das sind immer noch die Sprachen und ihre philologischen Entwicklungen.
Man muss dazu sagen, dass beide, so gut sie sich auch verstanden, da sehr gute Freunde, doch sehr unterschiedliche Intensionen befolgten. Ich liebe die Chroniken von Narnia, obwohl Lewis ganz klar und sehr deutlich damit seine Kinderbibel schrieb (wofür er übrigens auch teilweise kritisiert wurde, allerdings nur deswegen, weil er vorher vor allem Fachliteratur schrieb). Ich mein, Lewis hat ganz klare Motive aus der Bibel nahezu eins zu eins übernommen: der Baum und die Frucht aus "Das Wunder von Narnia", Aslans Opferung und seine Wideraufersteheung in "Der König von Narnia" oder überhaupt Aslan himself als Allegorie zu Jesus, Sohn Gottes. Ich bin überzeugter Atheist (oder eigentlich eher Agnostiker), daher überrascht es mich ehrlich gesagt selbst, dass ich trotz allem Narnia so sehr liebe und über solche Dinge einfach hinweg sehen kann. (Ich hab, zum Verständnis, gestern einen halben Tobsuchtanfall bekommen, als ich vor der Uni einen Typen auf einer Leiter stehen sah und der einer kleine Gruppe Zuschauer irgenwelche kruden Dinge über Gott predigte. Ich musste sehr an mich halten, dem nicht irgendwelche flapsigen Worte zuzurufen im Vorbeigehen. Zugegebener Maßen war es irgendwie aber lustig, das Bild, das sich da einem bot. Erinnerte mich irgendwie hieran: https://www.youtube.com/watch?v=1XR3CQLBPL0)
Tolkien hatte, wie gesagt, vor allem die Sprachen und ihre Beziehungen zueinander und ihre Veränderungen im Zuge von historischen Ereignissen im Sinn. Er war tiefgläubiger Katholik (was recht ungewöhnlich für einen Engländer ist), und aus diesem Aspekt heraus spielte seine Religion freilich auch eine durchaus sehr bemerkensewerte Rolle, wenn auch nicht so zentral wie bei Lewis, wie du ja bereits sagtest. (Wobei ich immer noch der Ansicht bin, dass die Valar durchaus Parallelen zur griechischen Götterwelt haben.)
Das ist wie mit Shakespeare (und ich nenne beide sehr gerne in einem Atemzug). Beide greifen Themen auf, die einfach zeitlos sind und die keinerlei besonderen historischen Kontextes bedürfen, um verstanden zu werden. Liebe, Hass, Intrigen, Freundschaft, das ist alles allgemeingültig, und damit auch die Werke, die diese Dinge thematisieren. Ich hoffe sehr, dass Tolkien eines Tages einen solchen Stellenwert einnimmt, wie es Shakespeare bereits hat. Verdient hat er es auf alle Fälle.
Diskurs Ende :D